Pressespiegel für Brigadistinnen und Brigadisten

eine Unterstützerin der Brigadisten aus Berlin hat diesen informativen Pressepiegel zusammengestellt, damit sich nicht jeder selbst alle Informationen zusammensuchen muss:

1.1 Situation in Kobane/weitere Hilfsaktivitäten

„Der „IS“ hinterließ eine Spur der Verwüstung. Noch heute ist Kobanê zu 80 Prozent zerstört: Infrastruktur, Häuser, Schulen, Krankenhäuser… Weite Teile der Stadt sind vermint. Den zurückgekehrten Menschen fehlt es an Nahrungsmitteln, Wasser, Energie. Schon wird vor Seuchengefahr gewarnt. Die meisten der 300.000 Flüchtlinge aus der Stadt können noch immer nicht zurückkehren. Eine humanitäre Katastrophe droht.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt wollen sie wieder aufbauen. Unter schwierigsten Bedingungen erbringen sie bereits bemerkenswerte Anstrengungen dazu. Es fehlt aber an Strom, Wasser, medizinischer Versorgung, Räumgerät, Maschinen, Helfern…

Weltweit entwickelte sich eine immense Hilfsbereitschaft: Geldspenden, Werkzeug, Medikamente, medizinisches Gerät werden gesammelt. Zahlreiche Helferinnen und Helfer wollen den Wiederaufbau unterstützen.“

-28.05.2015, http://tatortkurdistan.blogsport.de/2015/05/28/petition-fuer-humanitaeren-korridor-nach-kobane/

„Am 26. Januar befreiten kurdische Kämpferinnen und Kämpfer die Stadt Kobanê von den faschistischen IS-Banden. Waffentechnisch unterlegen, brachten sie dem IS eine entscheidende Niederlage bei. Das war ein Sieg des revolutionären Enthusiasmus, der Selbstlosigkeit, des Mutes und des neuen Selbstbewusstseins der Frauen über den faschistischen, mittelalterlichen und frauenfeindlichen Terror. Es war ein Sieg der millionenfachen internationalen Solidarität über den Versuch, die kurdischen Freiheitskämpferinnen und Kämpfer als „Terroristen“ mit der faschistischen Terrorgruppe IS gleichzusetzen. Kobanê ist zu 80 Prozent zerstört und immer noch von drei Seiten durch die IS-Banden eingeschlossen. Die türkische Regierung hat die Grenze, den einzigen Zugang, weitgehend für Hilfslieferungen geschlossen. 200.000 Flüchtlingen wird die Rückkehr verweigert. Ein humanitärer Korridor für Hilfslieferungen und Helfer ist dringend nötig. Sogar die „Bundeszentrale für politische Bildung“ weist auf den „humanitären Imperativ“ hin, das heißt das unabdingbare Recht der betroffenen Zivilbevölkerung auf Überlebenshilfe, wozu auch „humanitäre Korridore“ gehören. Das verweigert die Türkei bis heute. Dagegen richtet sich die seit dem 23. Mai gestartete Petition „Öffnet die Grenzen – Kobanê muss leben!“ …

27.05.15, http://www.rf-news.de/2015/kw22/thema-des-tages/

„Als Delegation von TATORT Kurdistan halten wir uns seit dem 3. Mai 2014 in Rojava (Nordsyrien) im Kanton Cizîre auf, um die Menschenrechtslage, die politische und ökonomische Situation hier vor Ort zu untersuchen. Unsere Delegation besteht aus der Ethnologin Anja Flach, dem Ökologen Ercan Ayboga und dem Historiker Michael Knapp und hat sich zum Ziel gesetzt ebenfalls die politischen Konflikte in und um Rojava zu untersuchen. „

-26.05.2015, http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2014/05/24.htm

„Der Anblick von Kobani lässt wahrscheinlich nur im Ansatz erahnen, wie es im Rest des Landes aussieht, das nun seit bald vier Jahren vom Bürgerkriegs gequält wird. Es steht kaum noch ein Haus, Kobani liegt in Trümmern, wie sollte es anders sein. In den Ruinen leben teilweise Menschen, es hängt Wäsche zwischen Trümmern und Eisenträgern, die mal für die Stabilität der Häuser sorgen sollten. Hier und da stößt man auf ein Auto, das auf dem Dach liegt. Der Krieg hat Skurriles hinterlassen.[…]

Aber auch viel Kraft. Mehrere Zehntausend Menschen flohen während der Kämpfe in die Türkei. Allmählich kehren nun immer mehr zurück. Was sollten sie anderes tun, als das Leben in ihrer Heimat wieder zum Laufen zu bringen? Es haben Geschäfte geöffnet, Einzelhandel, Lebensmittel, Kfz-Mechaniker, Metzger, man sieht sogar Klamottenläden. Erstaunlich viele Kinder sind auf den Straßen, sie spielen, sie toben, was auch sonst, schließlich sind es Kinder. Eine der entscheidenden Fragen für die Zukunft wird sein, was aus dieser Generation von traumatisierten Kindern mit Kriegs- und Fluchterfahrung werden soll. Sie haben in ihren kurzen Leben Unvorstellbares gesehen und erlebt.

Die Menschen machen weiter, mit den wenigen Mitteln, die sie haben. Hilfe von außen gibt es kaum. […]

Eigentlich brauchen die Menschen alles. Aber vor allem Elektrizität und Diesel. Ohne letzteres funktioniert kein Generator, und ohne Strom gibt es kein Wasser aus den wenigen Brunnen, die Kobani hat. Seit mehr als zwei Jahren ist die Stromversorgung gekappt und die Wasserleitungen unterbrochen. Weiter benötigt werden Nahrungsmittel, denn die täglich wachsende Zahl der Rückkehrer übersteigt alle Möglichkeiten der Stadtverwaltung, eine geregelte Versorgung zu garantieren. Kobanis Landwirtschaft gehörte zur ertragreichsten in ganz Syrien, aber letztes Jahr konnte nicht gesät werden, und der IS hat viele Dörfer und Felder vermint. Es fehlt auch an schwerem Baugerät, um den Schutt zu räumen, damit überhaupt erste Wiederaufbaupläne gemacht werden können.

Aber auch die Gesundheitsversorgung ist fast vollständig zerstört. Von den vier Krankenhäusern von Kobani existiert keines mehr, während des Straßenkrieges in der Stadt wurde nur in einem ehemaligen Lagergebäude operiert. Sechs Ärzte und etwa 20 Krankenschwestern und -pfleger arbeiteten rund um die Uhr. Jetzt sind mehr Ärzte zurückgekommen, aber die Anforderungen sind auch gestiegen. In den Randgebieten des Kantons wird weiterhin gekämpft, täglich kommen Verletzte in die Stadt, aber auch die Zivilisten brauchen eine umfassende medizinische Versorgung. Es geht um Alltagskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck, aber auch um Verletzungen durch Minen oder Sprengfallen.“

-29.05.2015, http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/kobane-syrien-wiederaufbau

1.2 Kämpfe/Entwicklung Kräfteverhältnisse Kurden und IS

„Tel Abjad ist das Tor zu Al-Rakka

Doch zwischen den Kurden im Norden Syriens und Al-Rakka liegt Tel Abjad, eine Stadt an der Grenze zur Türkei, die auch von IS-Kämpfern gehalten wird. „Es gibt keinen Zweifel, dass die Befreiung von Tel Ajad das Tor zur Befreiung Al-Rakkas sein wird“, ist Kurdenvertreter Idriss Nassan überzeugt. Auch der kurdische Behördenvertreter Nauaf Chalil sagte: „Tel Abjad ist das nächste Ziel.“[…]

Mit Blick auf die Luftschläge der USA sagte die kurdische Kämpferin Ghalia Nehme: „Die Luftangriffe waren eine wesentliche Hilfe für den schnellen Vormarsch.“ Rund 1000 Quadratkilometer hätten die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG so seit Beginn ihrer jüngsten Offensive am 6. Mai zurückgewonnen. Innerhalb von nur drei Wochen sei der IS schon aus mehr als 220 Ortschaften im Nordosten Syriens vertrieben worden. Jetzt stehen sie vor den Toren von Tel Abjad.[…]

Entschlossenheit zeichnet Kurden aus

Die kurdischen Truppen beflügelt nach Ansicht von Beobachtern aber noch viel mehr: „Den YPG fehlt es nicht an Kampfeswillen, wie Soldaten in der syrischen Armee oder Soldaten in der irakischen Armee“, sagt Nahost-Experte Wladimir van Wilgenburg von der Jamestown-Stiftung in Washington. „Die YPG sind weit motivierter als andere Truppen in der Region und ihnen fehlt es nicht an Zusammenhalt.“

-31.05.2015, http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_74197988/islamischer-staat-kurden-ruecken-gegen-is-hochburg-vor.html

„Der irakische Regierungschef Haidar al-Abadi hat dem Bündnis gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mangelnde Unterstützung vorgeworfen. „Ich denke, das ist ein Versagen der internationalen Gemeinschaft“, sagte Al-Abadi am Dienstag in Paris vor Beginn einer Konferenz der Koalition.

In Paris kamen am Vormittag Vertreter aus rund 24 Ländern zusammen, um über eine wirksame Strategie im Kampf gegen die IS-Miliz im Irak und in Syrien zu beraten. Dazu begrüßte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius auch seinen deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier.

Viele Worte, wenig Aktionen

Das Treffen fand vor dem Hintergrund einer wechselhaften Lage in den Kampfgebieten statt. Der IS hatte zuletzt in Syrien und im Irak militärische Erfolge erzielen können. Deswegen solle die gemeinsame Entschlossenheit bekräftigt werden, die IS-Milizen zu stoppen, hieß es vor dem Treffen in Paris.“

-02.06.2015, http://www.berliner-zeitung.de/politik/kampf-gegen-den-islamischen-staat-irak-sieht–versagen–der-koalition-gegen-is-milizen,10808018,30849726.html

„Shingal. Die Kämpfe zwischen Widerstandseinheiten und der Terrormiliz “Islamischer Staat” in Shingal-Stadt, in der gleichnamigen Region Shingal im Nordirak und Luftschläge der US-geführten Anti-IS-Koalition, sind auch in den vergangenen Tagen fortgesetzt worden. Während Koalitionsstreitkräfte Stellungen der Terrorgruppe innerhalb der Stadt angegriffen und zerstört haben, liefern sich Kämpfer der PKK und der êzîdîschen Widerstandseinheit Shingals (YBŞ) am Boden weiterhin schwere Häuserkämpfe mit den IS-Terroristen.

So wurden in den letzten Tagen über 40 IS-Terroristen getötet, berichtet der YBŞ-Kämpfer K. Khalaf ÊzîdîPress. Luftschläge erfolgten vor allem im nördlichen Bereich der Stadt, wo die IS-Miliz Artilleriegeschütze sowie Panzer in Stellung gebracht hat. Kampfpositionen und vom IS besetze Gebäude wurden samt den Terroristen bombardiert. Gestern Abend zerstörten Kampfflugzeuge der Koalition im ehemals schiitisch dominierten Stadtteil mehrere Kampfstellungen der Terrormiliz. Anfang August 2014 zerstörten die IS-Terroristen dort die schiitische Pilgerstätte von Sayeda Zeinab.“

-25.05.2015, http://ezidipress.com/blog/dutzende-is-terroristen-bei-luftschlaegen-und-kaempfen-in-shingal-stadt-getoetet/

„Weitere Luftangriffe erfolgten nahe Hardan, in den umliegenden arabischen Dörfern. Dort verschanzen sich seit Monaten IS-Schergen. Nach Angaben des Zentralkommandos der Vereinigten Staaten erfolgten gestern drei Luftschläge in Shingal, wobei drei taktische Einheiten des IS, drei schwere Maschinengewehrstellungen, ein Mörsergeschütz sowie eine Scharfschützenposition der Terrormiliz zerstört wurden.

In Hardan kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen êzîdîschen Widerstandseinheiten und Peshmerga mit der Terrormiliz IS. Der Süden Shingals ist nach wie vor nicht befreit. Es wird erwartet, dass eine Großoffensive erst erfolgt, sobald die Metropole und IS-Hochburg Mosul angegriffen wird.“

-29.05.2015, http://ezidipress.com/blog/luftschlaege-gegen-is-terrormiliz-in-hardan/

„Durch die Operationen der Volksverteidigungseinheiten (YPG) und Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) wurde am 27. Mai der Ort Mebruka, eine Hochburg des Islamischen Staates (IS), befreit. Bereits in den vergangenen Tagen der Operation, die am 6. Mai begonnen und die Befreiung des Kantons Cizire zum Ziel hat, hat die YPG/YPJ zusammen mit Einheiten des Suryoye Militärrats den stratgeisch wichtigen Berg Kizwan (Evdilezîz) und assyrische Dörfer im Gebiet Alya von Milizen des IS befreit.“

-Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 29.05.2015

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2015/05/15.htm

„In den umliegenden Ortschaften sollen laut der YPG noch die letzten Operationen andauern. Bei den drei Tage andauernden Gefechten um Mebruka sollen 4 KämpferInnen der YPG/YPJ ums Leben gekommen sein. Bei den Kämpfen um Mebruka sollen 30 Zivilisten aus der Geiselschaft des IS befreit worden sein. Eine vollständige Bilanz der Mebruka-Operation soll erst nach dem Abschluss der letzten Operationen in dem Gebiet veröffentlicht werden.

Was für eine Bedeutung trägt Mebruka ?

Bei der seit über drei Wochen andauernden Operation, die im Westen des Kantons Cizire begann, wurde bislang ein eintausend Quadratkilometer großes Gebiet vom IS befreit. Das Gebiet Mebruka liegt 37 Kilometer südwestlich von Serêkaniye bei Rakka und Til Ebyad (Girê Spî). Hier befindet sich das Elektrizitätszentrum, welches einen großen Teil des Kantons Cizire mit Strom versorgte und seine Energie aus dem Rakka-Staudamm bezieht. Mit der Befreiung von Mebruka kann nun das seit langer Zeit andauernde Problem mit dem Strom gelöst werden. Die Existenz des IS in dieser Region trennte die Kantone voneinander und war zentral für die Angriffe auf Kobanê und Cizire. Bei einem erfolgreichen Abschluss der Operation kann ein Korridor zwischen den Kantonen Kobanê und Cizire aufgebaut werden.“

-29.05.2015, http://civaka-azad.org/ypg-strategisch-wichtiges-gebiet-im-kanton-cizire-befreit/

„In der letzten Nacht startete die YPG eine Operation gegen den IS an der westlichen Grenze der Stadt Serêkaniyê ebenfalls im Kanton Cizîrê. Es kam zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Verteidigungseinheiten und den Banden des IS. Auch dort konnten sie dem IS schwere Verluste zufügen und militärisches Gerät vernichten.“

-20.05.2015, http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/pressekurdturk/2015/21/02.htm

1.3 Wahlen in der Türkei

„Die Situation in der Türkei und Nordkurdistan im Zuge laufender Parlamentswahlen spitzt sich zu

Sarah Buesse und Gûlistan Kar, 24.05.2015

Am gestrigen Samstag, den 23. Mai fand in der nordkurdischen Stadt Amed (türk. Diyarbakir) zum wiederholten Male ein Angriff auf Mitglieder der prokurdischen Partei HDP statt. Zwei Mitglieder der HDP wurden dabei niedergestochen.Der 19jährige Jugendliche und sein älterer Bruder hatten sich abends gegen 23:oo Uhr in einem Internetcafé aufgehalten. Mehrere Anhänger der Partei Hüda-Par betraten das bekanntermaßen HDP-nahe Café und begannen, ihre Wahlwerbung anzukleben. Von den Betreiber_innen wurden sie dazu aufgefordert, dies zu unterlassen. Die beiden Brüder kamen hinzu und unterstützten die Betreiber_innen indem sie den Wahlhelfern erklärten, dass im Café die Position der Hüda Par nicht vertreten werde. Sie wurden von diesen daraufhin mit Messern brutal niedergestochen und mussten direkt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Beide wurden noch am selben Abend operiert; bisher ist nicht sicher, ob sie die Verletzungen überleben werden.“

-24.05.2015, http://civaka-azad.org/erneut-angriffe-auf-mitglieder-der-demokratischen-partei-der-voelker-hdp/

„DIE LINKE solidarisiert sich mit der HDP für kommende Parlamentswahlen in der Türkei, 28. und 29. März 2015

Der Parteivorstand DIE LINKE unterstützt politisch den Wahlkampf der HDP und verabschiedet die folgende Erklärung:

DIE LINKE erklärt sich solidarisch mit der HDP (Halklarin Demokratik Partisi, Demokratische Partei der Völker) und wünscht ihr viel Kraft und Erfolg für den Wahlkampf.“

-20.05.2015, http://civaka-azad.org/fuer-mehr-demokratie-soziale-gerechtigkeit-vielfalt-und-gleichberechtigung-in-der-tuerkei/

„Pressemitteilung von NAV-DEM – Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e. V., 18.05.2015

Am heutigen Morgen kam es in den Parteibüros der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Adana und Mersin zu Explosionen. Bei dem Anschlag in Adana wurden 6 Menschen verletzt.

Zu Recht hat die HDP in ihrer Presseerklärung die AKP-Regierung mitsamt dem Staatspräsidenten und Ministerpräsidenten für diese Angriffe verantwortlich gemacht. Die AKP-Regierung erklärt auf ihren Wahlkundgebungen und in all ihren Reden die HDP zur Zielscheibe. Sie wird von ihnen beschimpft, bedroht und Verleumdungen ausgesetzt. Erst vor kurzem erklärte Süleyman Soylu, stellvertretender Parteivorsitzender auf die HDP bezogen: „Wir werden die Region auf sie einstürzen lassen.“ „

-18.05.2015, http://civaka-azad.org/angriffe-auf-die-demokratie-explosionen-in-den-hdp-parteibueros-vor-den-parlamentswahlen/

„Die AKP, die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, ist eine Machtmaschine. Nach jeder Parlamentswahl wurde die islamisch-konservative Kraft in der Türkei stärker. 2002 lag sie bei 34 Prozent, 2007 bei 47 Prozent, seit 2011 regiert sie mit fast 50 Prozent der Stimmen. Weder das Militär noch Gerichte konnten ihren Aufstieg stoppen. „Ab jetzt ist in der Türkei nichts mehr so wie es war“, rief ihr Erfinder Recep Tayyip Erdoğan, heute Staatspräsident, zur Gründung 2001. Journalisten aus dem Ausland lässt die AKP kaum noch an sich heran. Eine Inspektion im Inneren. […] In den Umfragen läuft es gerade nicht so gut für die AKP, womöglich verliert sie sogar die absolute Mehrheit und braucht einen Koalitionspartner. Das hält [Ahmet] Atiç [AKP Vorsitzender Provinz Hatay] aber nur für miese Feindpropaganda. Man möge ihm bitte einen Augenblick zuhören, es sei gar nicht so schwer zu verstehen. Die Erstwähler bei dieser Wahl waren fünf Jahre alt, als die AKP in der Türkei an die Macht kam. Sie wuchsen mit der AKP auf. „Sie erwachen politisch und finden neue Brücken, Staudämme und Flughäfen vor. Und wir sagen ihnen: Hört, vor uns war Finsternis. Wollt ihr, dass es wieder dunkel wird?“

-01.06.2015, http://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-erdoan-ist-ueberall-1.2501064

„Als sich Recep Tayyip Erdoğan vor einem Jahr vom Volk zum Staatspräsidenten wählen ließ, bekam er eindrucksvolle 52 Prozent der Stimmen. Ein solcher Politiker müsste eigentlich gelassen und distanziert das Geschehen verfolgen. Und nichts anderes verlangt das Präsidentenamt von ihm. Es verpflichtet ihn sogar zur Zurückhaltung. Aber Erdoğan zeigt keinen Respekt davor. Der 61-Jährige führt den Wahlkampf eines Verzweifelten.

Die politische Konkurrenz erklärt er zu Staatsfeinden. Auf Mitarbeiter und Büros der prokurdischen HDP wurden schon mehr als 100 Anschläge verübt, so vergiftet ist das Klima. Bereits genehmigte Kundgebungen anderer Parteien werden von den Behörden abgesagt.“

-29.05.2015, http://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkischer-staatschef-erdoan-wahlkampf-eines-verzweifelten-1.2497207

„Nachdem der Kandidat der HDP bei den Präsidentschaftswahlen Selahattin Demirtaş im August letzten Jahres etwa 9,7% der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte, hat die Demokratische Partei der Völker den Beschluss gefasst, als Partei bei den anstehenden Wahlen anzutreten, um die 10%-Hürde zu knacken. Wahlumfragen sehen den Stimmanteil der HDP derzeit zwischen 9% und 11%, weswegen es bis zum Wahltag spannend bleiben wird. Scheitert die HDP an der Wahlhürde, wird die türkische Regierungspartei AKP nach den Wahlen mit großer Gewissheit über eine 2/3 Mehrheit im türkischen Parlament erlangen und kann dann die Verfassung des Landes nach ihren eigenen Vorstellungen ohne Schwierigkeiten verändern. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die AKP alles daran setzen, um die HDP aus dem Parlament fernzuhalten. Illegale Methoden am Wahltag sind da nicht auszuschließen.“

– Aufruf zu Wahlbeobachterdelegation 2015 von civaka-azad (vor dem 24.05.2015), http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2015/03/12.htm

„Laut Anadolu liegt die Wahlbeteiligung bei den türkischen Auslandswählern insgesamt mit etwa 685.000 abgegebenen Stimmen bisher bei rund 24 Prozent. Für die Parlamentswahl im Juni können die Auslandswähler noch bis zum 31. Mai in den diplomatischen Vertretungen ihres jeweiligen Landes abstimmen. Umfragen zufolge kann die islamisch-konservative Regierungspartei AKP bei den türkischen Wählern in Deutschland mit mehr als 50 Prozent der Stimmen rechnen.

Etwa 17 Prozent entfallen demnach auf die säkulare Partei CHP, 14 Prozent auf die Kurdenpartei HDP und 13 Prozent auf die rechtsgerichtete MHP.Ein AKP-Sieg bei der Parlamentswahl gilt als sicher, aber Umfragen sagen voraus, dass die Partei deutlich an Stimmen verlieren könnte. Die wichtige Frage ist, ob die AKP genügend Abgeordnete erhält, um Verfassungsänderungen zur Einführung eines Präsidialsystems durchsetzen zu können – dazu braucht die konservativ-islamische Partei eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.

Eine Präsidialverfassung würde dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mehr Macht geben. Erdogan, der laut Verfassung eigentlich unparteiisch sein muss, hat bei Auftritten immer wieder indirekt für die AKP, deren Vorsitz er früher innehatte, geworben. Die kurdische Oppositionspartei HDP hat deshalb schon mehrmals Beschwerde bei der obersten Wahlkommission des Landes eingelegt. „

-28.05.2015, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/tuerken-in-deutschland-hohe-beteiligung-bei-parlamentswahl-a-1035995.html

1.4 Arbeiterkämpfe in der Türkei

„Knapp zwei Wochen vor einer entscheidenden Parlamentswahl geschieht in der Zweimillionenstadt Bursa Unerhörtes. Bilder streikender Arbeiter hat man hier zuletzt 1998 gesehen, als die Türkei in eine schwere Wirtschaftskrise geriet. Arbeiterstreiks sind in der Türkei ohnehin eine Seltenheit. Doch in Bursa, wegen seiner vielen Autofabriken auch „türkisches Detroit“ genannt, haben nach dem 14. Mai rund 20 000 Beschäftigte der Automobil- und Zuliefererindustrie die Arbeit niedergelegt. Das sind etwa ein Sechstel aller Metallarbeiter der Stadt, in der große europäische Autokonzerne wie Renault und Fiat in Joint Ventures mit türkischen Partnern Kraftfahrzeuge für den türkischen und europäischen Markt herstellen. Großzügige Subventionen, Niedriglöhne und die neoliberale, arbeitgeberfreundliche Politik der türkischen Regierung lockten sie einst nach Bursa.Während die Regierung noch im Februar einen wilden Metallarbeiterstreik in Istanbul verbot, weil dieser sich „gegen die nationale Sicherheit“ richte und die Aufstandspolizei anrücken ließ, bleiben die Renault-Arbeiter bislang unbehelligt. „Die Polizei tut uns nichts, weil die Wahlen vor der Tür stehen“, sagt Sinan, ein 34-jähriger drahtiger Mann mit Fünftagebart und grünem T-Shirt, der seit 13 Jahren bei Renault arbeitet und seinen Nachnamen aus Angst vor Repressionen nicht nennen will. […]

Es war am Abend des 14. Mai, als die Arbeiter der Nachtschicht die Laufbänder stoppten und den Betrieb besetzten. Sie forderten mehr Arbeitssicherheit, mehr Lohn und das Recht, eine eigene Gewerkschaft zu gründen. Auch Sinans Kollege Eser Herdin, 31 Jahre alt. Der Karosseriearbeiter kam 2007 zu Renault. „Man hörte, dass sie gut bezahlen, Renault ist ein bekannter Name. Doch als ich anfing, hier zu arbeiten, merkte ich, dass die Realität anders war“, sagt der hochgewachsene, schlanke Vater eines Kindes. Der Arbeitsdruck sei groß, es gebe viele Unfälle. […]

Der Streik in Bursa sagt viel aus über eine Veränderung im sozialen Klima der Türkei vor den Wahlen am 7. Juni, in denen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich einen Freifahrtschein für ein noch autoritäreres – und, wie viele Arbeiter glauben, arbeitgeberfreundlicheres – Regime ausstellen lassen will. Er sagt etwas aus über einen verbreiteten Unmut, der die Umfragewerte der Regierungspartei inzwischen alarmierend sinken lässt. „Hie haben früher viele die AKP gewählt“, sagt ein Arbeiter. „Das wird jetzt keiner mehr tun.““

-26.05.2015, http://www.fr-online.de/tuerkei/tuerkei-arbeiterstreik-im–tuerkischen-detroit-,23356680,30792610.html

„Wenn Arbeiter streiken, ist das zumindest in Industriestaaten selten eine aufregende Nachricht. Wenn Arbeiter für das Recht streiken, aus einer Gewerkschaft auszutreten, dagegen schon. So etwas spielt sich seit Mitte Mai in der Millionenstadt Bursa im Nordwesten der Türkei ab. Vor allem für die „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“ (AKP) sind die Streiks in Bursa, wo seit den siebziger Jahren das Zentrum der türkischen Automobilindustrie entstanden ist, eine unwillkommene Entwicklung.Schließlich stehen am 7. Juni Parlamentswahlen an, und die Regierungspartei verdankte ihre Popularität in den vergangenen zwölf Jahren vor allem dem stetigen, in einigen Jahren geradezu stürmischen Wirtschaftsaufschwung. Die Proteste in Bursa sind ein weiteres Zeichen dafür, dass dieser Aufschwung an Tempo verliert und die Verteilungskämpfe heftiger werden.“

-26.05.2015, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/tuerkei/streiks-in-der-tuerkei-unzufriedenheit-bei-arbeitnehmern-13611267.html

„Von den selbständigen Streiks ist vor allem die Autoindustrie betroffen, darunter Konzerne wie Fiat, Ford oder Renault. Die Autoindustrie in der Türkei ist mit 1,2 Millionen produzierten Fahrzeugen im Jahr bereits die sechstgrößte in Europa. Zwei Drittel der Autos werden exportiert. Die Streiks konzentrieren sich in Bursa. Bursa ist die viertgrößte Stadt der Türkei und ein Zentrum der Autoindustrie. Zweidrittel der 800.000 Fahrzeuge für den Export werden hier produziert.

Ausgangspunkt der Streiks war das Oyak-Renault Werk. 2.500 Arbeiterinnen und Arbeiter besetzten die Fabrik. Inzwischen schloss sich auch die Belegschaft von Tofas-Fiat an. „Am 20. Mai waren bereits über 20.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in den Streik getreten“, berichtet die Migranten-Organisation DIDF, die Förderation demokratischer Arbeitervereine: „4.800 bei Renault, 5.000 bei Tofaş, 7.200 bei Ford (in Kocaeli), 1.400 bei Çoşkunöz, 1.200 bei Mako, 700 bei Ototrim und 1.000 bei Valeo. Darüber hinaus gab es in vielen Zulieferbetrieben Solidaritätsaktionen … Am kommenden Donnerstag macht sich eine fünfköpfige Delegation der Koordinierung der Internationalen Automobilarbeiterkonferenz auf den Weg nach Bursa. „Wir wollen uns über die Streiks informieren, wofür die Kolleginnen und Kollegen kämpfen und wie“, so eine Kollegin der Delegation gegenüber „rote-fahne-news“. „Uns interessieren auch Fragen des Streikrechts und der gewerkschaftlichen Organisation. Wir wollen Kontakte knüpfen und zur Internationalen Automobilarbeiterkonferenz in Sindelfingen vom 14. – 18. Oktober 2015 einladen. Und natürlich die Solidarität der Automobilarbeiter aus Deutschland überbringen“, so die Kollegin weiter.“

25.05.15 http://www.rf-news.de/2015/kw22/tuerkei-streikaktivisten-verhaftet-2013-die-streiks-gehen-weiter/

„Automobilarbeiter in der Türkei streiken für mehr Lohn und eine unabhängige Gewerkschaft. Damit ist der bedeutende Industriesektor des Landes nahezu lahmgelegt. Die Streiks beunruhigen auch die islamisch-konservative Regierung in Ankara, deren neoliberale Wirtschaftspolitik zunehmend in die Kritik gerät.“

-22.05.2015, http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/tuerkei-wilde-streiks-in-der-automobilindustrie,10808230,30756172.html