An drei Seiten ist der Kobane nach wie vor von IS-Banden abgeriegelt. Nur von der Türkei aus können Hilfslieferungen, Baumaterial und Helfer in die Stadt gelangen. Aber die Grenze wird von der türkischen Regierung kontrolliert und streng reglementiert. Mit ihrer Embargopolitik will sie den Wiederaufbau in der Region Rojava verhindern.
Nach der Befreiung von Kobanê ist der Korridor vor allem für die Versorgung der Bevölkerung und für den Wiederaufbau der Stadt dringend nötig. Inzwischen findet die Forderung nach einem humanitären Korridor immer breitere Unterstützung bis in bürgerliche Kreise. Aber bis jetzt setzt sich die türkische Regierung über alle Appelle hinweg:
- Über einen Beschluss des österreichischen Abgeordnetenhauses (Nationalrat) vom 9. Oktober 2014,
- über eine Erklärung des Büros des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarats vom 26. März 2015,
- über Erklärungen der Linksfraktion im Bundestag oder von SPD- und „Linken“-Abgeordneten im Hessischen Landtag.
Viele Menschen beschäftigt die Situation in Rojava. Ein Drittel der Menschen in Deutschland haben nach einer Umfrage der „FAZ“ in den letzten Monaten häufig über die Situation im Nahen Osten, Irak und Syrien diskutiert. Angesichts der dramatischen Lage der Menschen in Kobanê und der hunderttausenden Geflüchteten, die in Camps auf der anderen Seite der Grenze ausharren müssen, ist die Politik der türkischen Regierung und das Schweigen von Kanzlerin Angela Merkel skandalös.
Bis auf das österreichische Parlament hat sich noch keine offizielle Institution eines imperialistischen Landes eindeutig für den Korridor ausgesprochen, geschweige denn etwas dafür getan. Das Auswärtige Amt der Bundesregierung schweigt sich zu einer schriftlichen Presseanfrage der Wochenzeitung der MLPD, „Rote Fahne“, seit dem 19. Mai und diversen Anrufen aus, bezüglich der einfachen Frage, ob und welche Initiativen die Bundesregierung für diesen Korridor unternimmt.
Wie schnell sind sie bei der Hand, angeblich „humanitäre Gründe“ zu finden, um überall militärisch einzuschreiten, wo sie ihre Interessen verletzt sehen: ob in Afghanistan oder Irak, ob in Libyen oder Mali. Aber sie tun bisher nichts Erkennbares, um das NATO-Land Türkei zur Einhaltung des internationalen humanitären Völkerrechts zu bewegen. Das ist kein Zufall. Die Bundesregierung hält trotz breiter Kritik am Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK fest und kriminalisiert den kurdischen Befreiungskampf. Der humanitäre Korridor muss gegen die imperialistische Politik der Türkei, aber auch der Bundesregierung und anderer Staaten erkämpft werden.
Internationale Massenproteste sind nötig!
Die Errichtung eines humanitären Korridors nach Rojava entspricht der internationalen Nothilfe und dem internationalen Völkerrecht. Er wird auch gebraucht, weil der IS in der Region längst nicht besiegt ist. Aktuell eroberte der IS im Irak und Syrien die Städte Ramadi und Palmyra.
Massiver öffentlicher Druck auf die Regierung der Türkei und ihre Verbündeten ist dringend nötig. Dazu muss die Forderung eines Korridors breit bekannt gemacht und zu einer Massenforderung werden. Petitionen und Unterschriftensammlungen wie die Petition „Öffnet die Grenzen – Kobanê muss leben!“ bei www.openpetition.de leisten dazu einen bedeutenden Beitrag. Darin heißt es:
„Wir fordern die türkische Regierung eindringlich auf: öffnen Sie die Grenze nach Kobanê dauerhaft! Schützen sie Hilfslieferungen sowie die Ein- und Ausreise von Aufbauhelferinnen und Aufbauhelfern über einen humanitären Korridor! Nicht nur für den Wiederaufbau von Kobanê, auch in alle umkämpften und gefährdeten Gebiete Rojavas muss die humanitäre Hilfe ungehindert fließen können“
Die Petition kann man sowohl online unterzeichnen als auch Unterschriftenlisten zum Sammeln ausdrucken. Zudem gibt es noch weitere Initiativen wie die Unterschriftenkampagne zur „Öffnung der Grenze für Hilfslieferungen nach Kobanê“ unter www.schule-kobane.de oder ein Appell an den türkischen Ministerpräsidenten, den man auf der Homepage der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ unterzeichnen und abschicken kann.
Jetzt gilt es, die Forderung nach einem humanitären Korridor für Rojava in den Betrieben, Wohngebieten, in den Schulen, auf den Montagsdemos, bei den Protesten gegen den G7-Gipfel Anfang Juni in Elmau usw. zum Thema zu machen. Die Koordinierung der bundesweiten Montagsdemo-Bewegung fordert seit dem 26. Mai: „Kobanê und Rojava brauchen einen humanitären Korridor! Auf den Kundgebungen und Demonstrationen der bundesweit 80 Montagsdemonstrationen beginnend mit dem 1. Juni 2015 werden wir dieser Forderung unübersehbar Nachdruck verleihen.“
Den humanitären Korridor nach Rojava zu erkämpfen, ist gemeinsame Aufgabe der Menschen in der Türkei und Kurdistan sowie aller fortschrittlichen, demokratischen und revolutionären Menschen auf der ganzen Welt.