01.03.2015 „Nach monatelangen Kämpfen haben unsere tapferen YPG und YPJ Einheiten die ISIS-Terroristen aus unserem demokratischen Kanton Kobanê erfolgreich vertrieben. Wir sind dankbar für die internationale Unterstützung, die wir zur Erlangung des Sieges in dieser Schlacht erhalten haben. Bis jetzt haben wir, zur Verwunderung, noch keine offzizielle humanitäre Hilfe von irgendeinem Staat oder irgendeiner internationalen Organisation erhalten. Von den 525.000 Zivilisten, die im Kanton Kobanê lebten, halten sich im Moment gerade mal 25.000 in Kobanê auf. 200.000 der übrigen Zivilisten sind in der Türkei festgesetzt und der restliche Teil ist in verschieden Länder zerstreut. Sie alle warten unruhig darauf, zurück in ihre Heimat zu gehen. Um einen reibungslosen Durchgang der Flüchtlinge zurück in ihren rechtmäßigen Heimen zu ermöglichen, sind zahlreiche Erschwernisse zu überwinden.
1. Der Wiederaufbau der Stadt Kobanê: Das Ergebnis der Offensive des Islamischen Staates (IS) gegen Kobanê ist, dass mehr als 80% der Stadt völlig zerstört wurde und eines dringenden Wiederaufbaus bedarf. Das ist von allerhöchster Wichtigkeit, denn die Flüchtlinge können nicht in ihre Heime zurückkehren bis die Stadt nicht wiederaufgebaut wurde. Seit den vergangenen zwei Jahren verfügt Kobanê über keinen Strom und ist einer stetigen Wasserknappheit ausgesetzt. Solche Mängel der Infrastruktur machen es den Menschen sehr schwer ihr Leben in der Stadt fortzuführen.
2. Blindgänger (Bomben und andere Sprengstoffe): Obwohl der IS nun abgewehrt ist, existieren für die Menschen Kobanês noch ernsthafte Gefahren. Die Stadt ist voll mit Blindgängern wie nicht explodierten Bomben und Mörsergranaten. Die Kinder spielen auf den Straßen, direkt neben diesen Bedrohungen durch die Blindgänger. Allein in einer Woche sind ein halber Dutzend Menschen durch diese Bomben getötet worden. In den Dörfern um Kobanê hat der IS Häuser voll mit tödlichen Sprengstoffen hinterlassen, die unseren Kräften das Vorankommen erschweren. Solange nicht alle Blindgänger aus Kobanê entfernt worden sind, werden die Stadt und die Dörfer nicht sicher sein und die Flüchtlinge, welche in Camps in der Türkei leben, nicht in ihre Heime zurückkehren können. Wir rufen alle internationalen Gemeinschaften und die Vereinten Nationen (UN) die nötige Expertise und die technische Ausrüstung bereitzustellen, um die gefahrvollen Bomben und Sprengsätze schnellstens entfernen zu können.
3. Die Öffnung eines humanitären Korridors: Unser Rojava-Projekt hat offiziell am 27. Januar 2014 begonnen, wir waren aber bereits seit Januar 2013 einem Embargo gegen die drei demokratischen Kantone Kobanê, Afrin und Cezire ausgesetzt. Wir rufen die internationale Gemeinschaft zur sofortigen Aufhebung des Embargos auf, welches den Wiederaufbau Kobanês behindert. Ohne einen humanitären Korridor zur Bereitstellung [im Sinne von Durchfuhr, Anm. d. Red.] von medizinischem Bedarfsmaterial und ähnlicher Hilfen sowie Material zur Wiedererrichtung [im Sinne von Baumaterial, Anm. d. Red.], kann Kobanê nicht wiederaufgebaut werden. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass die Türkei die Öffnung eines solchen Korridors erlaubt; und wir rufen die internationale Gemeinschaft dazu auf, dies sofort einzufordern, um dem Widerstand Kobanês und den Menschen des Kantons gerecht zu werden.
Als wir den Sieg unserer tapferen YPG- und YPJ-Kräften über die IS-Terroristen am 27. Januar 2015 verkündeten, zelebrierte die ganze Welt ihn als einen Sieg der Menschlichkeit über den Terrorismus. Der Premierminister des Kantons Kobanê, Enwer Muslim, erklärte, dass “der Widerstand und der Sieg Kobanês ein Sieg für die Menschlichkeit war und [ein solcher] in der Geschichtsschreibung [sein wird]. Im Angesicht der ISIS-Barbarei erhebte sich Kobanê für die Menschlichkeit. Jetzt ist für die Menschlichkeit der internationalen Gemeinschaft an der Zeit für Kobanê aufzustehen“ [sinngemäße Übersetzung des englischen Zitats, Anm. d. Red.].
Wir möchten diejenigen, die mit uns aufstanden, zur Fortsetzung ihrer Unterstützung im Wiederaufbau Kobanês einladen. Wir rufen alle Regierungen und internationalen Organisationen zur unmittelbaren Hilfe zur Einleitung des Wiederaufbaus Kobanês, indem sie uns essentielle Unterstützung anbieten.
Im Namen der Kantonalverwaltung von Kobanê
Enwer Muslim“